How to ?

HOW TO ?

 

Erste Schritte zur Wiederbelebung eines Scheunenfundes

 

Ein alter IRUS wurde aus der Scheune gezerrt - dort hatte er offensichtlich schon mehrere Jahre unbenutzt auf platten Reifen vor sich hin gegammelt.

Der Einachser-Freund bekommt im Gegensatz zu seinem sozialen Umfeld sofort glänzende Schrauberaugen und sieht sich schon mit dem Teil durch die Landschaft brettern.

Unbedarfte Naturen entdecken vorne einen schwarzen Knebelgriff und vermuten richtig ein Starterseil dahinter und machen sich sofort ans Werk:

Kräftig gezogen - und mit etwas Glück reißt das Seil gleich ab.

Glück deshalb, weil es dem Motor sicher nicht gut tut, so unvorbereitet und gewaltsam aufgeweckt zu werden.

Von den 3 Möglichkeiten, sich an die Wiederbelebung zu machen, war dies die schlechteste und sollte immer vermieden werden. (...auch Junior soll die Pfoten weglassen...)

Die zweite Möglichkeit ist optimal und wird von Edelschraubern angewendet, die ich schon immer wegen ihrer Geduld und Perfektion bewundert habe.

Sie machen erstmal gar nichts, außer in alle Motoröffnungen WD40 oder noch edlere/teurere Mittel einzuspritzen.

Dann ruht der Motor und das Projekt, bis alle notwendigen Unterlagen und Spezialwerkzeuge beeinander sind.

Wichtig sind hier die speziellen Abzieher und das Werkstatthandbuch.

Dann kommt das große weiße Laken auf die Werkbank und 10-20 beschriftbare Magazinkästchen und etliche transparente Tütchen.

Genau nach Werksvorschrift wird die Totaldemontage durchgeführt - sauber nach Baugruppen getrennt finden sich die Einzelteile gereinigt im jeweiligen Kästchen ein.

Nach gründlicher Revision - alle Lager und Wellendichtringe müssen neu - Lackierung ist auch zwingend, ebenso Tanksanierung - wird der Schlepper wieder zusammengebaut.

Dass die Elektrik neu verkabelt wurde, Kondensator getauscht und die Spule neu gewickelt - logisch.

Jetzt erst wird das Teil zum ersten Mal laufen - was es natürlich anstandslos und problemlos tut. (...fast schon langweilig vorhersehbar....)

(Vergaserrevision wurde nicht erwähnt, ist aber eh selbstverständlich. 

Ich wiederhole mich: Solche Leute und deren Arbeitsweise bewundere ich!

Und hätte ich einen Bugatti von 1928  würde ich genauso verfahren! Ich schwöre!

 

Mit dem oben erwähnten IRUS aber bin ich nicht ganz so zimperlich.

 

Daher hier meine Methode Nummer 3 :

 

WD40 ist auch bei mir als Erstes dran: Kerze raus und reinsprühen. Geiz ist hier nicht geil - viel hilft viel.

Der Starter bleibt unberührt!

Nur um meinen Verdacht zu bestätigen, öffne ich den Tankdeckel.

Es riecht oder besser: Es stinkt nach altem Sprit. Der Finger fördert roten Staub aus dem Benzinbehälter - das war eh klar.

Merke: Was hier evtl. noch drin ist, taugt nicht für den ersten Startversuch.

Hierzu besorgt man sich entweder einen anderen Tank oder bastelt einen Trichter an ein Stück Benzinschlauch (...aber das kommt erst viiiiiel später in einem anderen Kapitel...)

Wenn das WD 40 über Nacht hat arbeiten dürfen, wage ich mal vorsichtig einen Zug am Starter - Kerze natürlich nicht eingebaut.

Kolben bewegt sich? Toll!

Falls nicht, wird´s natürlich auf jeden Fall aufwändiger - das wird dann aber ein anderes Kapitel.

Aber jetzt haben wir ja gerade mit Freude festgestellt, dass Kurbelwelle und Kolben miteinander arbeiten wollen.

Was sagt die Zündung?

Schnelltest:

Kerzenstecker abschrauben, kleinen Nagel vorne ins Zündkabel und eine isolierte Zange für den Nachbarn holen.

Der muss nämlich den Nagelkopf ca. 5mm vor eine Kühlrippe des Zylinders halten.

Jetzt nochmal eine kräftige Dosis WD40 ins Kerzenloch und nun schon etwas resoluter den Starter betätigen.

Ist ein kräftiger Funken vom Nagel zur Kühlrippe gesprungen? Gewonnen!

Falls nicht, wird´s natürlich auf jeden Fall aufwändiger - das wird dann ein anderes Kapitel.

 ....wer übrigens seinen Nachbarn nicht so arg mag, gibt ihm das Zündkabel direkt, ohne die Zange...

(Weil man heutzutage für alles haftbar gemacht werden kann, auch für schlechte Tipps: Wenn der Nachbar zusammen mit dem Funken springt, kann das recht gefährlich sein - für des Nachbarn Herz genauso wie für dessen Schrittmacher. Also aufpassen!)

 

Jetzt wissen wir im günstigsten Fall, dass der Motor frei und die Zündanlage bereit ist, einen schönen Zündfunken zur Verfügung zu stellen.

Obwohl wir im Hinterkopf Bedenken haben, wollen wir nicht die Geduld des Edelschraubers von weiter oben aufbringen und verzichten auf die Demontage des Zylinders. Bedenken deshalb, weil ein Startversuch bei verbackenen oder gebrochenen Kolbenringen, bei Kondenswasserschäden oder Fremdkörpern im Brennraum mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Motorschaden zur Folge hat - oder verschlimmert. Wollen wir´s drauf ankommen lassen?

Wir wollen!

Wenn wir´s jetzt eilig haben, umgehen wir einfach mal den Vergaser. (lediglich sicherstellen, dass in der Schwimmerkammer nicht Reste von altem Sprit oder gar Wasser lagern, die der Motor womöglich noch ansaugen könnte)

Also bei ausgebauter Kerze den Starter mehrfach betätigen bis kein WD40-Nebel mehr ausgeblasen wird.

Einen guten Schluck Zweitaktmischung ins Kerzenloch - darf ruhig etwas mehr Öl sein als vorgeschrieben.

Kerze rein - am besten eine neue - und: START.

Normalerweise nimmt der Motor seine Arbeit auf - logischerweise mit heftiger Rauchentwicklung.

Gewonnen!

An dieser Stelle ist schon klar, dass dieser Einachser eine Zukunft hat - der Rest ist nur noch "wenig" Aufwand:

Vergaser prüfen und testen, Tank sanieren und versiegeln....usw...

Aber das sind zwei andere Kapitel.....

 

Diese Methode ist mein Weg, an so ein Projekt heranzugehen.

Bei ganz wertvollen Schätzchen würde ich natürlich weniger Risiko eingehen wollen - auch Viertakter oder Diesel brauchen eine Sonderbehandlung.

Ich könnte ja den Perfektionisten aus Beispiel 2 fragen, was er in der nächsten Zeit so vorhat.....

 

 

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